Was ist Asbest? Alles was Sie über Asbest und Bauschadstoffe wissen müssen.

Was ist Asbest? Einleitung

Obwohl schon seit 1990 verboten, findet sich Asbest auch heute noch in zahlreichen älteren Häusern. Im normalen Alltag gehen von diesen Altlasten nur selten Gefahren aus. Das kann sich jedoch ändern, wenn asbesthaltige Materialien bei einer Sanierung oder einem Abriss unsachgemäss entfernt oder bearbeitet werden. Nähere Kenntnis über die Silikon-Mineralien und andere Gebäudeschadstoffe kann Ihnen helfen, das Gefahrenpotenzial besser einzuschätzen und gesundheitliche Risiken zu minimieren.

Was ist Asbest?

Asbest ist ein Sammelbegriff für eine Familie von Silikat-Mineralen mit Faserstruktur, die über komplizierte Reaktionsmechanismen bei hohen Temperaturen und unter hohem Druck aus eisenhaltigen magmatischen Ausgangsgesteinen und Magnesium entstanden sind. Die Faserdurchmesser betragen maximal zwei Mikrometer, das Verhältnis von Länge zu Dicke ist grösser als 3 : 1.

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Mikroskopaufnahme von einem Büschel Asbestfasern.

Der kommerziell verwendete Begriff Asbest bezieht sich auf sechs physikalisch und chemisch unterschiedliche Mineraltypen, die in zwei Mineralgruppen kategorisiert werden. Die mit 90 Prozent der weltweiten Fördermenge am häufigsten genutzte Asbestart Chrysotil (Weissasbest) ist der Hauptvertreter der Serpentingruppe. Alle anderen Asbeste, darunter Amosit (Braunasbest), Krokydolith (Blauasbest), Tremoli, Aktinolith und Anthophyllit, gehören zur Amphibolgruppe. Die Fasern der Serpentine sind dünn, gebogen und aufgerollt, die der Amphibolgruppe speerförmig.

Zu den grössten Asbestförderern zählen derzeit (Stand 2020):

  • Russland
  • Kasachstan
  • China
  • Brasilien und
  • Simbabwe

Das Gefährliche an den Silikat-Mineralien sind die langen und spitzen Fasern. Gelangen sie in die Lunge, verbleiben sie dort über viele Jahre, wahrscheinlich sogar bis ans Lebensende. Als Reaktion bilden sich diffuse geflechtartig-netzähnliche Vernarbungen um die Stäube. Diese als Asbestose bezeichnete Krankheit verursacht Kurzatmigkeit und eine verringerte körperliche Belastbarkeit. Zudem verdoppelt sie das Risiko für bösartige Lungentumoren. Ebenso auftreten können Veränderungen des Rippenfells wie Rippenfellverdickungen, sogenannte Pleuraplaques.

Schon bei moderaten Asbeststaubelastungen ist das Risiko gegeben, an einem Mesotheliom zu erkrankten. Hierbei handelt es sich um einen bösartigen Tumor, der überwiegend vom Brustfell, manchmal aber auch vom Bauchfell ausgeht. Die Zeit zwischen der Exposition und dem Ausbruch der Krankheit ist mit 15 bis 45 Jahren sehr lang. Dafür ist die Lebenserwartung nach der Diagnose umso kürzer. Unter Umständen kann eine Kombination von Chemotherapie, chirurgischem Eingriff und ggf. Bestrahlung lebensverlängernd wirken. Eine Heilung ist jedoch bislang nicht möglich.

Atmen Sie Asbeststaub über viele Jahre ein, ist ausserdem das Lungenkrebsrisiko erhöht, sofern Sie rauchen, sogar um ein Vielfaches.

Weshalb wurde Asbest verwendet?

Asbest zeichnete sich durch eine Vielzahl positiver Eigenschaften aus, die ihn zu einem idealen Baustoff machten. Asbest ist:

  • hochbeständig
  • nicht brennbar
  • hitzebeständig bis 500 °C (Schmelzpunkt bei 1550°C bis 1800°C)
  • chemisch stabil und unverrottbar

Zudem bietet er hervorragende technische Eigenschaften wie:

  • hohe Bindungsfähigkeit mit anderen Stoffen,
  • thermische und elektrische Isolierfähigkeit,
  • hohe Flexibilität bei gleichzeitig starker Reissfestigkeit,
  • gute Verspinnbarkeit (Weissasbest, Blauasbest),
  • hohe Zugfestigkeit (> Stahldraht).

Zugleich ist Asbest vergleichsweise billig, da sich das Mineral recht einfach gewinnen lässt.

Rückbau von asbesthaltigem Fliesenkleber

Fachgerechter Rückbau von asbesthaltigem Fliesenkleber nach EKAS-6503 Richtlinie.

Welche Bedeutung hat Asbest und wozu wurde er verwendet?

Die Geschichte des Werkstoffs Asbest begann vor rund 5000 Jahren. Ein im heutigen Bosnien ansässiges Jäger- und Fischervolk nutzte Anthophyllit, um Tongefässe bruchsicher und feuerfest zu machen. Im Altertum galt Asbest wegen seiner Hitzebeständigkeit und Dehnungsfestigkeit als „Zaubermineral“ und war laut Herodot ein Luxusartikel, der nur den Reichen und Mächtigen zustand. Er wurde vor allem auf Zypern und Euböa im Tagebau gewonnen und zu Textilien versponnen.

Plutarch berichtete, dass die ewige Flamme auf der Akropolis in Athen mit einem Asbest-Docht betrieben wurde. Vom römischen Naturforscher Plinius dem Älteren existieren Aufzeichnungen darüber, dass bei Tisch Tücher aus „unbrennbaren Leinen“ verwendet wurden, die sich durch das Feuer reinigen liessen. Zudem beschreibt er, dass bei Königsbegräbnissen Leichentücher aus Asbest das Vermischen der Asche der Toten mit den übrigen Verbrennungsrückständen verhinderten. Auch Karl der Grosse soll seine Gäste durch die Reinigung seiner Tischdecke im Feuer beeindruckt haben.

Wie vieles andere ging im Mittelalter auch das Wissen um die Herkunft und die Verwendung von Asbest verloren. Es entstanden Gerüchte, nach denen es sich dabei um Drachenschuppen oder Phönixfedern handeln würde. Betrüger versuchten sogar, Textilien aus Asbest als Teile der Kleidung Jesu zu verkaufen. Eine ernsthafte Anwendung gab es erst wieder ab den 1820er Jahren, als die Fasern zu feuerfesten Kleidungsstücken für Feuerwehrleute verarbeitet wurden. Bald kamen Einsatzfelder wie Wärmedämmungen für Dampfmaschinen und feuerfeste Dächer hinzu.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte der österreichische Industrielle Ludwig Hatscheck fest, dass sich Asbest, Zement und Wasser zu einem leicht verformbaren Brei vermischen liessen und sich daraus hergestellte Produkte nach Lufttrocknung durch hohe Witterungsbeständigkeit auszeichneten. Aus dieser Entdeckung ergab sich eine wesentliche Ausweitung der Asbestverwertung. Hatscheck selbst fertigte aus dem Asbestzement Platten, für die er den Namen Eternit prägte. Diesen Namen liess er patentrechtlich schützen, wodurch die Begriffskombination Asbest Eternit bis heute Bestand hat.

Während des Zweiten Weltkriegs kam Asbest bei der Herstellung von Getränkefiltern, Fallschirmen für Bomben und Postsäcken zur Anwendung. Tragende Stahlelemente in Gebäuden erhielten als Brandschutz eine Verkleidung aus Spritzasbest. Auf Schiffen und in U-Booten diente die Faser als Dämmmaterial für Rohrleitungen. Zudem kamen Asbestfasern als Komponente von Bremsbelägen und Dichtungen sowie als feuerfeste Unter- und Zwischenlagen zum Einsatz. Schweissgasflaschen beinhalteten damals eine Asbestfüllung, in der das Schweissgas gelöst war. Weitere, heute kaum vorstellbare Asbestprodukte jener Zeit waren:

  • künstliche Schneeflocken,
  • Zahnpasta,
  • künstliche Asche (z. B. in „Der Zauberer von OZ“) und
  • Zigarettenfilter

Etwa 70 Prozent des Asbests gelangte als Asbestzement in Häuser. Es ist davon auszugehen, dass in Gebäuden, die zwischen 1950 und 1990 errichtet wurden, mit nahezu einhundertprozentiger Wahrscheinlichkeit Asbest zu finden ist. In den meisten Fällen befindet er sich in Asbestzement-Platten, die in Fassaden und Luftschächten sowie auf Dächern verbaut wurden.

Asbestfaserart

In welcher Form kam Asbest im Bauwesen zur Anwendung?

Über lange Zeit wurde zwischen schwach und festgebundenem Asbest unterschieden. Dabei ging man davon aus, dass vor allem schwachgebundener Asbest ein Gesundheitsrisiko darstellt. Diese starre Trennung gilt heute nicht mehr, da sich beim Bearbeiten auch aus festgebundenen Asbestprodukten Fasern lösen können.

Schwachgebundene Asbestprodukte

Bei schwachgebundenen Asbesterzeugnissen liegt der Anteil der Asbestfasern zwischen 25 und 90 Prozent, während die Dichte weniger als 1.000 Kilogramm je Kubikmeter beträgt. Zu einem Problem wird vor allem Spritzasbest, da sich die Asbestfasern bereits durch Alterung und Erschütterung lösen können.

Bei der Bearbeitung mit maschinellen Handgeräten (z. B. Spitzhammer oder Spachtel) können schon bei kleinen oder kurz andauernden Arbeiten grössere Mengen an Fasern freigesetzt werden. Abhängig vom Spritzverfahren liegt der Asbestanteil zwischen 20 bis 40 Prozent (Nass-Verfahren) und 90 Prozent (trockenes Verfahren). Zur Anwendung kam Spritzasbest vor allem in Industrie- und anderen Grossbauten, insbesondere als Hitze- und Brandschutz an tragenden Stahlbauteilen.

Nachtspeicheröfen können ebenso schwachgebundenen Asbest enthalten wie Vinyl-Böden aus den 1960er Jahren (Cushion-Vinyl-Beläge). Im Normalzustand besteht hier allerdings keine Gesundheitsgefahr, da ohne Beschädigung oder Bearbeitung keine Asbestfasern freigesetzt werden.

Weitere schwach gebundene Asbestprodukte waren:

  • asbesthaltiger Leichtmörtelputz
  • asbesthaltige Leichtbauplatten
  • Asbestmatten, Asbestpappen
  • Asbestmassen in loser Form für Verstopfmassen
  • asbesthaltige Dichtungsschnüre
  • asbesthaltige Kordeln, Schnüre, Gewebe und Schaumstoffe
  • Brandschutzklappen und Füllungen in Brandschutztüren
  • Lüftungskanäle aus Leichtbauplatten
  • Schutzvorhänge
  • Einlagen in Rohrschellen

Festgebundene Asbestprodukte

Bei Dach- und Fassadenplatten, Fallrohren, Kabelkanälen und anderen festgebundenen Asbestprodukten ist der Asbest fest in das Produkt integriert. Die Werkstoffe zeichnen sich durch einen vergleichsweise hohen Bindemittelanteil bei einem zugleich geringen Asbestanteil von nur 10 bis 15 Prozent aus. Die Dichte beträgt mehr als 1.400 Kilogramm pro Kubikmeter. Ohne Beschädigung oder Bearbeitung besteht bei diesen Erzeugnissen keine direkte Gefährdung, da faktisch keine oder nur sehr wenige Fasern freigesetzt werden. Auch das Gefährdungspotenzial bei der Bearbeitung ohne maschinelle handbetriebene Geräte ist gering. Bei der Verwendung maschineller Handgeräte wie Bohrmaschinen oder Trennschleifern ist jedoch eine erhöhte Gefährdung aufgrund der stärkeren Faserfreisetzung zu verzeichnen.

Im Gegensatz zu schwachgebundenen Asbestprodukten kann festgebundener Asbest im Haus verbleiben, sofern keine Beschädigungen vorliegen und keine Bearbeitung nötig ist.

Zu den festgebundenen Asbestprodukten zählen unter anderem:

  • Rohre für alle Bereiche des Tief- und Hochbaus
  • Lüftungsrohre und Abgaskamine (Gasheizungen)
  • Dacheindeckungen wie Faserzementplatten und Dachschindeln
  • Schutzanstrichmassen und Kitte, Klebebefestigungen von Elektroinstallationsmaterial auf Phenolharzbasis Flächenkitte, Fugenkitte, Bitumenkleber
  • Spachtel- und Vergussmassen
  • Bodenbeläge wie Vinyl-Asbest-Fliesen und Flexplatten

Reine Asbestprodukte

In reinen Asbestprodukten finden sich Asbestfasern in ihrer Reinform, beispielsweise als Schnüre, Textilien oder Füllstoffe. Bei Textilien besteht bereits im Normalzustand eine geringe direkte Gefährdung, die sich bei Beschädigung weiter erhöht. Eine Faserfreisetzung ist auch ohne Fremdeinwirkung möglich, etwa durch Luftzirkulation oder Vibration. Ein noch grösseres Risiko entsteht bei Bearbeitung, da innerhalb kurzer Zeit eine Vielzahl von Fasern freigesetzt werden können. Wenn Sie in Ihrem Haus diese Form von Asbest erkennen oder vermuten, gilt es, besonders schnell zu handeln.

Welche Bauschadstoffe gibt es noch und welche Folgen haben sie für die Gesundheit?

Neben Asbest können sich in Bestandsgebäuden zahlreiche weitere gesundheitsgefährdende Bauschadstoffe verbergen. Um die Risiken zu minimieren, empfiehlt es sich, Gebäude vor einer Sanierung oder einem Rückbau auch auf folgende Substanzen überprüfen zu lassen.

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